Management von Belasteten Standorten - Fortsetzung

Die Untersuchung, Überwachung und Sanierung von Altlasten kann einen erheblichen Teil der Kosten für die Standortentwicklung ausmachen. Viele Faktoren können diese Kosten deutlich erhöhen. Ein Faktor sind technologische Fortschritte in der Umweltanalytik, die zu deutlich niedrigeren Nachweisgrenzen von Schadstoffen in Umweltproben geführt haben. Neben der toxikologischen Bewertung von Chemikalien stufen entsprechende Risikobewertungsverfahren immer mehr Schadstoffe mit sehr niedrigen Grenzwerten als schädlich für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ein. Somit können nun Messungen auf belasteten Standorten durchgeführt werden, die die extrem niedrigen Grenzwerte der Schadstoffe berücksichtigen und wiederum zu flächendeckenden, sehr geringen Belastungen an vielen Standorten oder sogar ganzen Gebieten und Landschaften führen (ubiquitäre Hintergrundbelastung).

Beispielbild

In den letzten 10 Jahren ist eine Klasse von Schadstoffen namens Perfluoralkyl-Substanzen oder PFAS in den Vordergrund der Altlastenbearbeitung gerückt. Diese Chemikalien sind per- oder polyfluoriert und daher sehr (hitze-)stabil, besitzen je nach Kettenlänge der Verbindung eine gute Wasserlöslichkeit und Tensideigenschaften. Ihre Abbauraten in der Umwelt sind gering, ihre Umwandlung kann zu kürzerkettigen Abbauprodukte führen, welche in der Umwelt sogar noch persistenter sind. Diese Schadstoffklasse besteht aus vielen verschiedenen Verbindungen – Schätzungen zufolge werden mehr als 4500 Stoffe für unterschiedliche Zwecke verwendet, beispielsweise in Textilien, Oberflächenbeschichtungen, Feuerlöschschäumen und vielem mehr.

PFAS erhalten derzeit grosse Aufmerksamkeit als Schadstoffe mit extrem niedrigen Schwellenwerten in Umweltmedien wie Oberflächenwasser, Böden und Grundwasser. Diese Grenzwerte sind aufgrund der spezifischen physikalisch-chemischen Eigenschaften dieser Chemikalien so niedrig, beispielsweise aufgrund ihrer starken Tendenz zur Bioakkumulation in der Nahrungskette (Biokonzentrationsfaktoren). Zur Gefahreneinstufung wurden ihre Persistenz, Bioakkumulation und Toxizität (PBT) von der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) bewertet.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) prüft derzeit die aktuellen Bewertungskriterien zur Klassifizierung von PFAS-Altlasten (https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/altlasten/externe-studien-berichte/expertenbericht-pfas.pdf.download.pdf/entscheidungsgrundlagen-vollzug-PFAS-belastete-standorte.pdf). Der Umgang mit Überschreitungen vorläufig empfohlener Grenzwerte im Rahmen der EFSA-Empfehlungen lässt sich unter praktischen Gesichtspunkten nur schwer beurteilen. Darüber hinaus erschwert das allgegenwärtige Vorkommen von PFAS in Form einer anthropogenen Hintergrundbelastung die Klassifizierung von Altlasten, da laut Verordnung eine Altlast eindeutig definiert und abgrenzbar sein muss. Es ist nicht verwunderlich, dass in der vorliegenden Schweizer Altlastenverordnung keine allgemeinen PFAS-Grenzwerte festgelegt sind, weshalb gemeinsam mit der Behörde Grenzwerte für jeden einzelnen Standort, an dem eine PFAS-Belastung festgestellt wurde, abgeleitet werden müssen.

Das weitverbreitete Vorkommen von PFAS stellt auch die üblichen Abfallklassifizierungsverfahren beispielsweise bei einem Bauprojekt vor eine Herausforderung, da extrem niedrige Grenzwerte zu einer Gefahreneinstufung des Aushubmaterials führen würden. Dies wiederum würde zu besonderen Behandlungsanforderungen mit exorbitanten Kostenauswirkungen führen. Betrachtet man unsere Industriestandorte, an denen gemäss den Betriebsgenehmigungen regelmässig Brandbekämpfungsübungen durchgeführt werden, so wurden oder werden PFAS-Kontaminationen in ausgedehnten Bereichen festgestellt, die auf die Verwehung von Löschschäumen bei Übungen in der Vergangenheit zurückzuführen sind. Die anhaltende PFAS-Kontamination wird Entwicklungsprojekte an solchen Standorten gefährden, wenn keine wirtschaftlichen Behandlungslösungen für ausgehobene Abfallmaterialien verfügbar sind. Der Umgang mit PFAS-kontaminierten Abfallmaterialien ist derzeit eine sehr herausfordernde und dringende Angelegenheit, bei der vernünftige Lösungen gefunden werden müssen, um den Gesamtnutzen verhältnissmässig und auf der Grundlage von Nachhaltigkeitsprinzipien auszugleichen.

Es ist wichtig zu erkennen, dass PFAS in der ganzen Schweiz weit verbreitet vorkommt, wie eine vom BAFU beauftragte und im Juni 2022 veröffentlichte Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) „Per- und polyfluorierte Alkylstoffe (PFAS) in Schweizer Böden“ zeigt (https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/aktuell/newsroom/2023/01-04-schweizer-boeden.html). Angesichts der extrem niedrigen Nachweisgrenzen, die mit der heutigen Umweltanalytik erreichbar sind, und extrem niedrigen Schwellenwerten ist es nicht verwunderlich, dass eine PFAS-Kontamination voraussichtlich auch in sehr grossen Gebieten weit verbreitet sein wird. Die PFAS-Kontamination sollte im Kontext der Verhältnismässigkeit und des Risikos möglicher Auswirkungen auf Schutzgüter bewertet und mit gesundem Menschenverstand beurteilt werden.

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