Marktbasierte Instrumente für den Umweltschutz

Wie Sie wahrscheinlich wissen, erinnert der heutige internationale Tag der Biodiversität (22. Mai 2023) auch an das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von 1993, – vor 30 Jahren.

Die biologische Vielfalt, als Variabilität lebender Organismen, ist Grundlage für die Vielfalt der Ökosysteme. Im Verständnis der Menschen ist es die ökologische Komplexität, welche ermöglicht, der Menschheit Ökosystemdienste bereitzustellen und der Pflanzenwelt die Widerstandsfähigkeit zu geben, die sie benötigt, beispielsweise wenn Landschaften durch Dürre und Überschwemmungen gestört werden, wie das heute aufgrund des Klimawandels immer häufiger beobachtet werden kann. In diesem Sinne kann die biologische Vielfalt auch als Naturkapital verstanden werden, einschließlich eines evolutionären Kapitals - als Teil möglicher Belastbarkeit/Widerstandsfähigkeit eines Systems von Lebewesen - in Form der genetischen Vielfalt, die einen weiten Pool rekombinatorischer, biologischer Informationen enthält. Um unsere Lebensqualität auf diesem Planeten zu gewährleisten, ist es wichtig, Naturkapital und entsprechende natürliche Ressourcen aufzubauen, anstatt diese durch ein eindimensionales Wirtschaften einfach zu abzubauen.

Dies erfordert rechtliche Rahmenbedingungen und sogenannte marktbasierte Instrumente (MBI), um Umweltdienstleistungen als Teil des Wirtschaftssystems zu belohnen. Innerhalb von Umweltgesetzen können marktbasierte Instrumente (MBI) politische Instrumente zum Schutz der Umwelt sein; alternativ zum Verbotsansatz oder ergänzend zu Verordnungen und dem kontrollierenden Vollzug (https://ec.europa.eu/environment/enveco/mbi .htm). Grundsätzlich verwenden MBIs auf der Grundlage des Verursacher-Prinzips (Verantwortbarkeit der Verursacher von Umweltschäden [1]) bestimmte Märkte und entsprechende Preismechanismen für Umweltgüter und -dienstleistungen sowie andere wirtschaftliche Parameter, Variablen und Derivate um Anreize für Umweltverbesserungen sowie Verminderung oder Eliminierung von Umweltschäden zu schaffen. MBIs führen zur Internalisierung von Kosten der Umweltbelastungen. MBIs können solche Anreize beispielsweise durch incentivierende Umweltabgaben, handelbare Anrechte für die Nutzung von Umweltgüter oder gezielte Subventionen für umweltfreundliche Technologien schaffen. MBIs gelten als kostengünstige Möglichkeit, die Umwelt zu schützen und zu verbessern. Damit MBIs angemessen funktionieren können, müssen die Regierungen rechtliche Rahmenbedingungen bereitstellen, einschliesslich Ziele oder Grenzen im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, Umweltgüter und -dienstleistungen. In diesen Rahmenbedingungen handeln die Marktteilnehmer Anrechte um zusätzliche Bedürfnisse zu decken. Entsprechend entwickeln sich die Marktpreise der Anrechte je nach Verfügbarkeit und Nachfrage.

Ein gutes Beispiel für eine MBI -Implementierung bezieht sich auf die Herausforderung das Klima zu schützen. Wir alle wissen, dass die Verfügbarkeit von primären und sekundären Energieträgern für moderne Gesellschaften in allen Breiten von zentraler Bedeutung ist. Fossile Brennstoffe spielen weiterhin weltweit eine wichtige Rolle, obwohl Wissenschaftler seit Jahrzehnten vor dem beobachtbaren, beschleunigten Klimawandel warnen, der durch die Emission von Treibhausgasen verursacht wird. Jeder weiss heute, dass jeden Tag riesige Mengen des Treibhausgases CO2 durch das weltweit verbreitete Verbrennen fossiler Brennstoffe als Treibstoffe, Heizbrennstoffe oder für die thermische Stromerzeugung emittiert werden. Wie in vielen anderen Ländern versucht die Schweiz die Reduktion der CO2-Emissionen durch entsprechende Gesetze zu erreichen. Ein rechtlicher Rahmen ist sehr wichtig, um MBIs zur Schaffung von Anreizen im Verkehr, der Industrie und für Haushalte effizient und zielgerichtet einführen zu können.

Zu diesem Zweck hat die Schweiz im Rahmen Klimaschutz ein Anreizsystem entwickelt, das die Zahlung einer Gebühr (CO2-Abgabe) der Möglichkeit gegenüberstellt, sich davon befreien zu können (Anreiz), sofern eine CO2-Zielvereinbarung (ZV) oder eine Beteiligung am CO2-Emissionshandelssystem (ETS) eingegangen wird. Die Menge an emittiertem CO2 erhält somit einen Preis, entweder durch die Kosten für die Umsetzung von CO2-Emissionsreduktionsmassnahmen, bspw. bei industriellen Produktionsprozessen, oder durch den erforderlichen Kauf von CO2-Emissionsanrechten am CO2-Markt zur Deckung der operativen CO2-Emissionen. Dieses Anreizsystem ist ein gutes Beispiel dafür, wie externalisierte Kosten von Aktivitäten und Prozessen, die zum Klimawandel führen, zumindest teilweise ins Wirtschaftssystem internalisiert werden können, und zwar in Form eines marktorientierten Umweltverbesserungsprinzip bzw. des Verursacherprinzips.

In der Umweltökonomie (https://ec.europa.eu/environment/enveco/mbi.htm) wird abgeleitet, dass MBIs im Allgemeinen zu einem effizienteren regulatorischen Rahmen führen können, was in Folge zu einer effizienteren Nutzung natürlicher Ressourcen und einer Verringerung von Umweltauswirkungen führt. Andererseits könnte man sich vorstellen, dass MBIs zur Verbesserung der Qualität von Umweltkompartimenten, der Verfügbarkeit natürlichen Ressourcen, der Wirksamkeit von Ökosystemdienstleistungen und zu einer Erhöhung des Naturkapitals führen könnte. Würden monetäre Erträge aus Investitionen in Umwelt und Naturkapital ermöglicht, könnte der unvermeidliche Verbrauch natürlicher Ressourcen durch Anreize zum Aufbau von Naturkapital in Einklang gebracht werden. Letztendlich könnte so dem stetigen und immer schnelleren Verlust von Naturkapital entgegengewirkt werden. Zweifellos wäre ein klarer regulatorischer Rahmen erforderlich, der sich auf nationale Ziele beziehen sollte, welche innerhalb eines bestimmten Zeitraums realistisch erreichbar wären.

Der Markt von MBIS muss vorhersehbar sein, um Verzerrungen durch verantwortungslose Marktspekulationen zu verhindern. Als wirtschaftliches Element für die Schliessung der offensichtlichen Kluft zwischen liberalen Marktaktivitäten, verantwortungsloser Ressourcenausbeutung und nachhaltigen wirtschaftlichen Mechanismen zur Erhaltung der Lebensqualität, können die MBIs entstandene Externalitäten (Umweltbelastungen und -schäden) ins Wirtschaftssystem internalisieren und könnten, wenn sie in wirtschaftliche Mechanismen als Anreize integriert sind, auch zukünftige externe Effekte verhindern, die durch verantwortungslose Ressourcenausbeutung die Zukunft des Planeten gefährden.

Das spezifische Layout von MBIs zur Erzeugung von handelbaren Einheiten/Anrechten könnte Investitionen in die Umwelt und das Naturkapital anregen, welche beispielsweise messbar die Erhaltung der Bodenqualität und Biodiversität dort fördern, wo entsprechende Massnahmen am besten umgesetzt werden können. Dem Besitzer der handelbaren Einheiten/Anrechte würde dann ermöglicht, natürliche Ressourcen beziehungsweise Naturkapital in Rohstoffe oder Primärprodukte umzuwandeln, die die klassische Wertschöpfungskette in Richtung Endkonsumgüter initiieren. Die dazu benutzten Einheiten müssten an die Behörde abgegeben werden, welche sie überprüft und den Bestand der Einheiten im Zusammenhang mit den nationalen Zielen kontrolliert. In diesem Sinne würde das nationale/regionale Naturkapital des Staats (bzw. des Schweizer Volks) für den Erhalt unserer Lebensqualität gesichert. Die nationalen Einheiten/Anrechte würden von einer unabhängigen Institution (z.B. Nationalbank) teilweise als Marktreserve gehalten, um eine potenziell notwendige Stabilisierung des Marktes bei Störungen zu ermöglichen. Wenn der Preis der handelbaren Einheiten/Anrechte hoch ist, würden mehr Investitionen in den Aufbau des Naturkapitals fliessen, wobei entsprechende Einheiten/Anrechte von der Behörde an den Investor übertragen würden.

Wenn der Marktpreis der Einheiten/Anrechte niedrig ist, würden mehr Investitionen in die Umwandlung von Naturkapital in Rohstoffe und Primärprodukte fliessen, wobei entsprechende Einheiten an die Behörde abgegeben werden müssten. Eine Reduzierung der Anzahl der Einheiten/Anrechte auf dem Markt (bspw. zur nationalen Zielerreichung) würde zu steigenden Marktpreisen führen, während das Einbringen von zusätzlichen Einheiten aus der Marktreserve zur Trendumkehr führen würde (bspw. für eine Marktpreisentlastung zur Balancierung angespannter Ressourcenmanagementaktivitäten).

Unternehmen, die Teil dieses Systems wären, würden von spezifischen Umweltressourcensteuern oder Umweltlenkungsabgaben ausgenommen. Die Möglichkeit zur Befreiung von solchen Abgaben wären als Anreiz zur Teilnahme an diesem Handelssystem gedacht. Allfällige Einnahmen durch diese Umweltressourcensteuern bzw. Umweltlenkungsabgaben, sollten in einen nationalen Fonds zur Wiederherstellung belasteter Umweltkompartimente und verlorener natürlichen Ressourcen fliessen.

[1] ‘Verursacherprinzip’ – ‘polluters pay principle’ PPP -https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:12008E191:EN:HTML - Das „Verursacherprinzip“ fordert einen Preis oder Preisgestaltung von negativen externen Effekte umweltschädlicher oder anderer schädlicher Aktivitäten und Prozesse. Negative externe Umwelteffekte sind die sozialen Kosten, die aus der Umweltverschmutzung und/oder der Verschlechterung natürlicher Ressourcen durch ineffiziente Nutzung und nicht nachhaltige Praktiken resultieren und die benötigten, regenerativen Naturkräfte (Ökosystemdienstleistungen) beeinträchtigen, behindern oder zerstören.

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