Kreislaufwirtschaft; Gestaltung eines neuen Wirtschaftssystems
Wie auf der Webseite „Kreislaufwirtschaft“ des Bundesamts für Umwelt (BAFU; https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wirtschaft-konsum/fachinformationen/kreislaufwirtschaft.html) vorgestellt, ist die heutige Wirtschaft ein lineares Wirtschaftssystem.
Beispielbild, © M.Semadeni
Die Wertschöpfungskette reicht von der Rohstoffgewinnung bis hin zu Endverbraucherprodukten im Sinne einer Realwirtschaft, während Finanzströme ursprünglich den wahren und steigenden Wert der Kette zur Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen widerspiegeln. Dienstleistungen sind wichtige Elemente der Wertschöpfungskette, die den Weg zu Mehrwert ebnen, indem sie Informationsaustausch und Know-how, Messung und Berichterstattung, Produktivitäts- und Prozessverbesserungen, Finanzallokationen und Unternehmensinvestitionsstrategien unterstützen. Auf dem Weg von der Rohstoffgewinnung zu Endprodukten und Dienstleistungen wurden im Laufe der Zeit immer mehr soziale und ökologische, externe Effekte (Externalitäten) erzeugt, die den wahren Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung verzerren. Letztlich müssen diese Kosten von den Gesellschaften und ihren Individuen getragen werden. Am Ende der Wertschöpfungskette steht die Umwandlung von Produkten und Dienstleistungen in Abfall (zu bemerken; einschließlich „Dienstleistungen“ im Sinne eines sozialen Ausschusses, da alte und/oder veraltete Leistungen für einen Dienstleister den Verlust von Arbeit und Zuhause (Migrationstreiber) und Wohlbefinden bedeuten können). Aus Sicht einer linearen, unidirektionalen Wertschöpfungskette wird dies einfach als Belastung, Qual und unerwünschter Aufwand betrachtet, die die Rentabilität des Kapitals beeinträchtigt. Insbesondere hier wird also Abfall als Externalität aus dem System gedrängt, insofern Gesetze und Vorschriften dies zulassen.
Das in den letzten Jahrzehnten zunehmende soziale und ökologische Bewusstsein hat das lineare Wirtschaftssystem verbessert, indem versucht wird, die Externalitäten durch Verschärfung der rechtlichen Wirtschaftsrahmen zu internalisieren. Beispielsweise haben Unternehmen als zentrale wirtschaftliche Elemente der Wertschöpfungskette aus Compliance-Gründen strenge Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards in ihre Geschäftsprozesse eingeführt. Auch Nachhaltigkeitsaspekte haben sie dazu veranlasst, die soziale und ökologische Leistung ihres Unternehmens zu erfassen, zu bewerten und darüber zu berichten. Und nun geht es darum, dass die „Kreislaufwirtschaft“, die in den heutigen Nachhaltigkeitsdiskussionen eine zentrale Rolle spielt, eines ihrer Versprechen einlöst, unabhängiger von natürlichen Ressourcen zu werden; – insbesondere angesichts der enormen Auswirkungen der wiederauflebenden geopolitischen Machtspiele um Ressourcen auf die Menschheit. Doch wie kann „Zirkularität“ in diesem sehr komplexen Wirtschaftssystem erreicht werden? Dies wurde kürzlich am Swiss Green Economy Symposium „Gemeinsam mehr Wirkung erzeugen“ (https://sges.ch/programm-2023) diskutiert.
Das System der Kreislaufwirtschaft kann der Menschheit grosse Hoffnungen geben, eine nachhaltige Lebensweise auf diesem Planeten zu finden – in Wohlstand, da sich die lineare Wertschöpfungskette in eine bidirektionale Wertschöpfungskette verwandelt; – zum einen von natürlichen Ressourcen zu Produkten und zum anderen von Abfall/Sekundärressourcen zurück zu natürlichen Ressourcen. Beide Wege sind also Teil einer viel, viel größeren Wertschöpfungskette mit vielen neuen Geschäftsinteraktionen zwischen ihnen. Wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden, kann Wirtschaftswachstum erreicht werden, ohne dass die Nutzung natürlicher Ressourcen ständig gesteigert werden muss, um eine unidirektionale Wertschöpfungskette zu versorgen. Die Mechanismen der Kreislaufwirtschaft können Wert schaffen, indem Abfall als sekundäre Ressource betrachtet wird. Mit geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen – z. B. der Forderung nach vollständiger Internalisierung externer Effekte durch Anreize für entsprechende Anstrengungen und parallel dazu mit Anreizen für die Umsetzung der 4Rs nachhaltiger Betriebsabläufe – Reparieren, Wiederverwendung (Reuse), Recyceln, Reduzieren – könnte sich eine bidirektionale Wertschöpfungskette entwickeln.
Wichtig ist, dass die Ausweitung von Anreizinstrumenten zur Verbesserung der Qualität von Umweltkompartimenten und zur Regeneration oder sogar Steigerung natürlicher Ressourcen, beispielsweise durch eine Steigerung der Wirksamkeit von Ökosystemdienstleistungen, letztendlich zu einer Steigerung des Naturkapitals führen würde. Das Messen oder Inventarisieren der verschiedenen Elemente des Naturkapitals und dessen Monetarisierung entlang der bidirektionalen Wertschöpfungskette, z. B. mithilfe markt-basierter Instrumente, würden direkte monetäre Erträge aus Investitionen in die Umwelt und das Naturkapital ermöglichen. Der unvermeidliche Verbrauch natürlicher Ressourcen könnte durch Anreizsysteme zur Wiederherstellung bzw. Steigerung von Naturkapital ausgeglichen werden. Für den Übergang zu einer selbst-laufenden grünen Wirtschaft wäre zweifellos ein fester internationaler Regulierungsrahmen für Anreize erforderlich, der sich an national vereinbarten, realistisch erreichbaren Zielen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens orientieren sollte.
Die Herausforderung, Elemente des Naturkapitals zu monetarisieren, kann nur erfolgreich sein, wenn international vereinbarte und „indikative“ Kennzahlen auf zertifizierte Weise angewendet werden können; – „indikativ“, weil sonst die Komplexität der Metriken zu schwierig zu verstehen und viel zu teuer wäre. Ein Beispiel für eine einfache indikative Metrik oder Parametrik ist das CO2 -Äquivalent zur Monetarisierung von Klimaschutzmassnahmen in Anlehnung an den Kohlenstoffmarkt. Die indikativen Kennzahlen des Naturkapitals müssen höchstwahrscheinlich ausgefeilter sein. Die Grundlage hierfür sollte in der Forschung erarbeitet werden, welche die regenerative Kraft der Natur durch die Messung von Ökosystemdienstleistungen zu monetarisieren erlaubt und/oder wie die biologische Vielfalt als Teil gesunder und widerstandsfähiger Ökosysteme monetarisiert werden kann; beides erzeugt den Wert solcher essenziellen Dienstleistungen der Natur für den Menschen.
Eine Wertschöpfung aus Abfällen/Sekundärressourcen – schrittweise zurück zur Regeneration natürlicher Ressourcen – würde den Weg der Wirtschaftssysteme in eine nachhaltige Zukunft weisen – ohne das Wirtschaftswachstum oder mit anderen Worten der Wohlstand der Menschheit zu gefährden.
Marco Semadeni, Dr. Sc. nat. ETH
12.12.2023