Nachhaltige Produktion - Materialressourceneffizienz und Energieeffizienz

Abbildung*: REPA-Schritte als Re-Iterationszyklus / © M. Semadeni

Einführung

Das Konzept der Nachhaltigkeit soll die Transformation der Wirtschaft hin zu einer „Green Economy“ unterstützen, die auch den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in den Fokus stellt. Neue Technologien spielen dabei eine wesentliche Rolle, das heisst Nachhaltigkeit und Technologie können insbesondere in der produzierenden Industrie eng miteinander verbunden sein (vgl. Beitrag «Bewerten von Nachhaltigkeit erweitern»)

Als ein wichtiges Element in der Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens ist die Analyse der Ressourceneffizienz auf Basis erhobener Material-, Energie- bzw. Stoffflussdaten zu erwähnen sogenannt Ressourceneffizienzpotenzialanalyse (REPA). Für das Herleiten von Effizienzverbesserungen können neue Technologien eine wesentliche Rolle spielen.

Eine REPA ist eine strukturierte Methode, um Potenziale zur Optimierung der Ressourcennutzung in einer Organisation zu analysieren, Opportunitäten zu bewerten und festzulegen, welche ausgearbeitete Massnahmen umgesetzt werden können (siehe Abbildung oben).

Das Vorgehen kann vereinfacht in folgende iterative Schritte gegliedert werden:

1. Identifizierung der Material- und Energieressourcen

2. Quantifizierung der Material- und Energieressourcen

3. Analyse der aktuellen Effizienz im Umgang mit Material- und Energieressourcen

4. Analyse von Verbesserungspotenzialen und möglicher Massnahmen um diese zu implementieren

5. Bewertung und Priorisierung der Verbesserungsoptionen bzw. Massnahmen

6. Erstellen eines Umsetzungsplans

Das Ziel einer kontinuierlichen Optimierung der Ressourcennutzung eines Unternehmens fördert eine nachhaltigere Produktion (sustainable operations). Damit kann das Unternehmen zu einem nachhaltigeren Wirtschaften beitragen und die Entwicklung in Richtung Kreislaufwirtschaft unterstützen. Im Weitern kann die Verbesserung der Ressourceneffizienz finanzielle Vorteile für das Unternehmen sowie eine Verbesserung der Versorgungssicherheit durch einen geringeren Ressourcenverbrauch mit sich bringen.

Um eine Verbesserung der Material- und Energieeffizienz zu erreichen ist ein kontinuierlicher Prozess mit sich wiederholenden Schritten notwendig (vgl. Abbildung 1), da durch die Interaktionen und unterschiedlichen Interessen der Geschäftsprozesse bzw. -bereiche fortlaufende Anpassungen notwendig sind (Re-Iteration). Dabei ist auch wichtig, dass die REPA-Aktivitäten mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Unternehmung und mit anderen in Bezug zum Nachhaltigkeits-Reporting stehenden Aktivitäten abgestimmt werden (insbesondere betreffend Datenbeschaffung, Ergebnissen und Schlussfolgerungen).

Zentral für die Verbesserung der Ressourceneffizienz sind Anstrengungen zur Vermeidung von Abfällen, bspw. in Bezug zu Ausschussprodukten, Nebenprodukten und Verbrauchsmaterialien und folglich die Suche nach alternativer Nutzung von solchen Nebenströmen. Klassisch sind das Trennen und Rezyklieren von unvermeidbaren Abfällen (Erhöhung der Anteile von eingesetzten Rezyklaten), die Rückgewinnung von Abwärme und das Rückführen von Brauchwasser weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Ressourceneffizienz.

Wird Abfall des Unternehmens somit als sekundäre Ressource betrachtet, können sich Mechanismen entfalten, die das lineare Wirtschaften vom Rohstoff zum Endprodukt in eine Kreislaufwirtschaft transformieren. Sekundäre Rohstoffe können in einer Kreislaufwirtschaft neue Werte schaffen, welche eine zirkuläre Wertschöpfungskette mit neuen Geschäftsinteraktionen bereichern (vgl. Beitrag «Von Nachhaltigkeit zu Kreislaufwirtschaft»).

Vorbereitende Aufgaben

Zu Beginn geht es darum sich einen ersten Überblick über das Unternehmen zu verschaffen. Dazu gilt es dessen Geschäftsmodell und bestehenden Geschäftsprozesse zu verstehen; welche Infrastruktur ist dafür vorhanden und wie wird sie genutzt, welche Unterschiede bestehen zwischen den Geschäftsstandorten. Weiter ist zu klären, inwiefern eine Nachhaltigkeitsstrategie und entsprechende Ziele vorliegen sowie eine Nachhaltigkeitsberichterstattung angestrebt oder bereits im Gange ist.

Die im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategieentwicklung wichtigen Wesentlichkeits-Assessments und Risikobetrachtungen für die verschieden Geschäftsbereiche helfen bei der Abgrenzung der anzugehenden Aktivitäten zur Identifizierung der Material- und Energieressourcen in den verschiedenen Bereichen der Unternehmung. Fragen zu ‘Quick-wins’ sollten gestellt werden, z.B. ob das Unternehmen am einen oder anderen Standort einen ‘Hot Spot’ bezüglich Energieverbrauch und/oder Abfallerzeugung haben könnte. Eventuell verfügt das Unternehmen aber auch über keine ‘Quick-wins’, sodass eine umfassendere Effizienzverbesserungsstrategie erforderlich wird.

Im Weitern können im Bereich Liegenschaften die Erschliessung, Gestaltungen und Standortentwicklungen zentral für die Abstimmung von Möglichkeiten zur Ressourceneffizienzverbesserung sein. Auch Mobilitätskonzepte könnten hierbei einen wichtigen Beitrag leisten. Im Weitern wäre zu klären, ob die Infrastruktur oder Teile davon im Rahmen eines Industrieparks mit Betreiberfirmen und multifunktionalem Arbeitsumfeld genutzt wird (Möglichkeiten für kooperative Effizienzgewinne).

Bei Produktionsstandorten mit eigenen oder gemieteten Gebäuden/Räumlichkeiten ist es hilfreich die Art der Gebäude (Büro, Lager, Labor, Produktionshalle, etc.), Alter und Zustand sowie Modernisierungs- und Renovationsstand zu kennen. Dazu gehören Stichworte der Gebäudenachhaltigkeit, wie Energielabels und -standards, Energiemanagement und Haustechnikstandards, Gebäudestandards und nachhaltige Baumaterialien. Natürlich spielen hier verbindliche Vorgaben aus dem regulatorischen Umfeld (Energiegesetz, CO2-Gesetz, Raumplanungsgesetz, Baugesetze) ihre Rolle.

Im Vorfeld einer Gebäudebetriebsoptimierungen ist zu klären, inwiefern einerseits Energieeffizienzkonzepte schon vorliegen, z.B. bezogen auf Heiz- und Lüftungssysteme, Abwärmenutzung, Umweltwärme-/kältenutzung, Kühlung und Klimaanlagen, Einsatz erneuerbare Energien und Stromverbrauch, und/oder andererseits Wassereffizienzkonzepte existieren, z.B. bezogen auf Abwasserminimierung und Brauchwassernutzung.

Um sich einen ersten Einblick in die Produktions- und Geschäftsprozesse zu verschaffen, sind Dokumentationen der Anlagen, Informationen zu Reinvestitionszyklen und Lagerinventare hilfreich. Natürlich sind Informationen zu Eingangs- und Verbrauchsmaterialien, zu Hilfsmitteln, zu Energie- und Wasserverbrauch, zu Halbfabrikaten, Nebenprodukten und Ausschüsse, sowie zu Abfall- und Abwassermengen essenziell.

Wichtig ist, dass die Fragen nach Datenverfügbarkeit und/oder -erhebung in Abstimmung mit laufenden Geschäftsprozessen und anderen Nachhaltigkeitsüberlegungen gestellt werden. Daten sollten über den Aufbau eines Monitoringsystems längerfristig verfügbar sein, insofern als dass Fortschritt und Wirksamkeit von Effizienzmassnahmen letztlich überprüft werden können.

Allgemeine REPA-Zielformulierungen

Nachdem ein generelles Verständnis über das Unternehmen erarbeitet wurde, können in Abstimmung mit der regulatorische Compliance (z.B. CO2-Zielvereinbarung, internen Richtlinien zu Gesundheit-Sicherheit-Umwelt (HSE)) und allfälligen Nachhaltigkeitsstrategien bzw. bestehender Nachhaltigkeitszielen (z.B. im Klimaschutz) erste Ziele formuliert werden. Weiter Beispiele sind: Betriebsoptimierungen im Hinblick auf die Energieeffizienz (z.B. Energieverbrauch pro m2, Vorgabe eines Energie-Challenging), Einsatz nachhaltiger Energie- und Materialressourcen, Abfallmanagement (z.B. Abfallvermeidung, -trennung und -rezyklierung), zeitliches Vorgehen und anderes mehr. Ziele müssen messbar sein und daher in Anlehnung an bestehende oder vorgängig noch aufzubauende Monitoringsysteme formuliert werden.

Durchführen der REPA-Schritte*

Die in der Einführung geschilderten REPA-Schritte (vgl. Abbildung oben) bestehen aus Datenrecherchen und datenbasierten Einschätzungen, deren Aufwand nicht zu unterschätzen sind; insbesondere dann, wenn die Daten erst noch erhoben werden müssen und ein entsprechendes Monitoringsystem aufzubauen ist.

Schritt 1: Identifizierung der Energie- und Materialressourcen

Dabei handelt es sich um den ersten Schritt einer Inventarisierung der im Unternehmen verwendeten Primärressourcen wie Rohstoffe und/oder Halbfabrikate, Hilfsstoffe, Wasser, Luft und Energie als auch allfällig schon eingesetzte Sekundärressourcen wie Rezyklat-Anteile, rekuperierte Abwärme, wiederverwendetes Brauchwasser und Wiedereinsatz abgefangener Treibhausgase (‘carbon capture and utilization’ CCU).

Ebenfalls müssen dabei die korrespondierenden Abfall- und Abwasserströme und Emissionen in Luft und Wasser identifiziert werden, sowie wo welche Ausschüsse und Nebenprodukte entstehen. Auch der Umgang mit diesen Material- und Stoffströmen (Wiederverwendung, Rezyklierung, Entsorgung) ist aufzunehmen.

Schritt 2: Quantifizierung der Energie und Materialressourcen

Um die Inventarisierung abschliessen zu können, gilt es die unter Schritt 1 identifizierten Ressourcen sowie Material- und Stoffströme zu quantifizieren. Dazu müssen Daten über die Menge der in einem definierten Zeitraum verwendeten Ressourcen, Materialien und Stoffe (selbstverständlich inkl. Abfälle) vorliegen bzw. erhoben bzw. gemessen, berechnet oder abgeschätzt werden. Diese Datenrecherchen, Material- und Stoffstromanalysen bilden das Kernelement, um später Effizienzpotenziale ableiten zu können. Hilfreich wären auch Verschleissraten von Produktion- und Betriebsanlagen verfügbar zu haben.

Schritt 3: Analyse der aktuellen Effizienz im Umgang mit Energie und Materialressourcen

Die in Schritt 2 gesammelten Daten werden verwendet, um die aktuelle Ressourcennutzung des Unternehmers zu beleuchten. Dazu kann ein Material- und Stoffstrommodell erstellt werden, womit Ineffizienzen bei der Ressourcennutzung und dem Abfallmanagement abgeleitet werden können. Das kann den Energieverbrauch in Produktion oder Gebäudenutzung, die Abfallentstehung durch Ausschüsse, die Emissionen in Luft und Wasser, und vieles andere betreffen.

Schritt 4: Analyse von Verbesserungspotenzialen und möglichen Massnahmen

Aus Schritt 3 können mögliche Optionen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und Abfallvermeidung abgeleitet werden. Die identifizierten Verbesserungsoptionen bzw. möglichen Massnahmen müssen quantifiziert werden, um ihre Auswirkungen auf die Ressourceneffizienz, Material- und Stoffströme abschätzen zu können. Die Effizienzverbesserungen führen zu möglichen Einsparungen beim Ressourcenverbrauch, bei Abfallmengen und Emissionen, und wirken sich damit auf die Betriebskosten aus. Wobei mögliche Massnahmen zur Prozessoptimierung und die Anwendung neuer, effizienterer Technologien mittels Machbarkeitsanalysen plausibilisiert werden müssen.

Schritt 5: Bewertung und Priorisierung der Verbesserungsoptionen bzw. Massnahmen

Nachdem die Kosten der in Schritt 4 zusammengestellten Massnahmen beziffert wurden (Investitionen in die Verbesserungsoptionen), werden die Verbesserungsoptionen in einem Massnahmenkatalog zusammengestellt und anhand ihres Wirkungspotenzials, ihrer Machbarkeit und Kosten/Nutzenverhältnis bewertet und priorisiert. Dies hilft dabei, die vielversprechendsten Massnahmen für die Umsetzung zu identifizieren und einer effektiven Finanzierung zuführen zu können.

Schritt 6: Erstellen eines Umsetzungsplans

Abschliessend gilt es einen verpflichtender Umsetzungsplan der zusammengestellten Verbesserungsmassnahmen zu erstellen. Dabei werden die erforderlichen Unternehmensressourcen (Arbeits-/Fachkräfte, Kapital, etc.), Zeitpläne, Verantwortlichkeiten und Leistungsindikatoren (KPIs) definiert, welche bei der schrittweisen Ausführung des Plans zu rapportieren sind. Damit soll eine erfolgreiche, vollumfängliche Umsetzung sichergestellt werden können. Kontrolle mittels kontinuierlicher Überwachung der Ergebnisse (Monitoring) unterstützt die Implementierung der Massnahmen.

Schlussfolgerung

Die REPA-Schritte helfen Unternehmen, ihre Ressourcennutzung zu optimieren und nachhaltiger zu wirtschaften. Natürlich ist es mit der Effizienzanalyse und dem Massnamenkatalog nicht getan, sondern die Massnahmen müssen finanziert und im laufenden Betrieb umgesetzt werden können. Diese beiden Themen – Finanzierung und laufender Betrieb – beherbergen oft Interessenskonflikte, welche eine Umsetzung von Massnahmen erschweren können.

Es gibt viele Beispiele wie die Ressourceneffizienz verbessert werden kann; wie der Einsatz energieeffizienterer Maschinen, verbesserte Planung und Steuerung der Produktionsabläufe, Nutzung erneuerbarer Energien, Wärmerückgewinnung, Sensibilisierung von Mitarbeitern, usw. Material- und Stoffströme können direkt beeinflusst werden indem Ausschüsse mittels Einsatz von Software minimiert werden (Optimierung der Materialausnutzung), vermehrter Einsatz von Recyclingmaterialien, Verbesserung des Produktedesign mit Einbezug des Kreislaufgedankens und reduzieren des Einsatzes von Hilfsstoffen.

Das Umsetzen von solchen Massnahmen verlangt ein solides Schnittstellenmanagement zwischen dem laufenden Betrieb und den Umsetzungsprojekten. Verzögerungen können beispielsweis durch das Beheben von Mängeln anderer bzw. vorheriger Projekte entstehen, deren Dringlichkeit aufgrund der Störung des laufenden Betriebs alle weiteren Umsetzungsschritte blockiert.

Abschliessend geht es auch darum Bericht erstatten zu können, inwiefern die erwarteten Wirkungen der Umsetzungsprojekte erreicht wurden (Notwendigkeit eines Monitoringsystems). Die Ergebnisse müssen nachvollziehbar sein und sollten einer internen Validierung (Überprüfungen / Qualitätskontrollen / interne Audits) zugeführt werden, um sie in Nachhaltigkeitsberichten nutzen zu können.

Im Weitern könnten die Ergebnisse auch zur Evaluation von Opportunitäten bei der Anpassung des Geschäftsmodels in Bezug zur Kreislaufwirtschaft genutzt werden, um so in Kooperation mit anderen Marktteilnehmer einen Zusatznutzen für die Unternehmung zu erzeugen.


Marco Semadeni, Dr. sc. nat. ETH

14. Oktober 2024

* in Anlehnung an:

«Leitfanden - Produktivität für kleine und mittelständische Unternehmen», RKW Kompetenzzentrum, Link https://www.rkw-kompetenzzentrum.de/;

«Leitfaden Ressourceneffizienz», Ressource Deutschland, https://www.ressource-deutschland.de; «Information Systems for Enterprise Resource Planning», Springer Link;

«Methodik zur Bewertung der Ressourceneffizienz», Springer Link;

«Stoffstromanalyse und Stoffstrommanagement - ein Leitfaden», Öko-Controlling in Handelsunternehmen, Springer Link

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